Werbellinsee - Tourismus // Aktivitäten - Tauchen 


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18.07.2008

GESCHICHTE: Wracksuche im Werbellinsee

Archäologen, Denkmalpfleger und Sporttaucher erforschen gesunkene Kaffenkähne

ALTENHOF - Sonne pur, eine frische Brise und Segelboote soweit das Auge reicht: Es ist nicht der schlechteste Sommertag der Saison am Ostufer des Werbellinsees. Dennoch schlagen die Wellen relativ hoch gegen den Steg an einem Landvorsprung. Freizeitkapitäne nennen die Minihalbinsel bei Altenhof (Barnim) auch Kap Horn Brandenburgs. Wellen können sich hier bis zu einem halben Meter auftürmen – für deutsche Binnengewässer ist das eher ungewöhnlich. „Bedingt durch seine Ausdehnung auf zehn Kilometer hat der Werbellinsee bei starkem Wind oft einen hohen Wellengang“, erklärt Kai Dieterle vom Eberswalder Heimat- und Tauchverein „Kaffenkahn“.

Sturm und Wetterunbilden wurden Lastenseglern hier schon vor rund 200 Jahren zum Verhängnis. Bis zu 30 der so genannten Kaffenkähne sollen noch heute auf dem Grund des Werbellinsees liegen. Der See war einst ein Verkehrsknotenpunkt auf dem Wasserweg nach Berlin. Heute gilt er als das Gewässer mit der höchsten Wrackdichte Brandenburgs. In einer bislang einzigartigen Gemeinschaftsaktion wollen das Landesamt für Denkmalpflege, der Verein „Kaffenkahn“ sowie der Verein für Unterwasserarchäologie Berlin-Brandenburg die gesunkenen Boote erforschen.

„Die damals typischen Kaffenkähne gelten als Zeugnis der Industrialisierung im 19. Jahrhundert“, so Christof Krauskopf vom Landesdenkmalamt in Frankfurt (Oder). „Auch mit den Materialien, die die Kähne transportierten, wurde einst Berlin erbaut“, sagt Helmut Menzel, Vereinschef von „Kaffenkahn“. Die gesunkenen Lastensegler sollen jetzt erstmals vermessen und ihre Standorte am Seegrund dokumentiert werden. Ziel sei es, die Kähne vor selbst ernannten Schatzsuchern zu schützen. Mitte Juli startete das erste Forschungscamp von einer schwimmenden Plattform.

Kai Dieterle zieht sich kurz nach neun Uhr Handschuhe und eine spezielle Tauchweste über. „Da unten haben wir jetzt höchstens sechs Grad. Die Sicht beträgt vielleicht zwei Meter“, so Dieterle. Mit 28,5 Metern ist es laut Denkmalsschutzamt die zweittiefste Tauchexpedition in einem bundesdeutschen Binnengewässer. Nur im Bodensee wagte man sich bisher tiefer auf den Gewässergrund. Beim ersten Tauchgang kommen Lot und Winkel zum Einsatz, bevor mit einem technisch aufwendigen Verfahren millimetergenau Maß genommen wird. Menzel und Dieterle sind auf einen etwa 30 Meter langen Ziegelkahn gestoßen. „Das Wrack ist in einem relativ guten Zustand“, so Menzel, ausgebildeter Marineoffizier und heute in einer Bundesbehörde tätig. Beschädigungen durch Hobbytaucher oder Bootsanker sind hier in der Seemitte ausgeschlossen. „Bei zugänglichen Stellen in Ufernähe sieht das leider anders aus“, seufzt Menzel.

Auf dem Ponton schaltet das zweite Taucherteam einen Kompressor an. Über einen 30-Meter-Schlauch werden nun mit Pressluftstrom untere Sedimentschichten angesaugt. „Das ist unser Unterwasserstaubsauger“, so Dieterle schmunzelnd. Der förderte bislang Stiefel, Werkzeuge, Messing-Knöpfe, aber auch Münzen zu Tage. Wo, will Dieterle nicht verraten. „Wir wollen keine Laien anlocken, die die Ziegelei- und Kalkwracks unwiederbringlich zerstören“, so der Eberswalder. Der Wert der Untersuchungen sei letztlich eher archäologischer Natur. „Kisten mit Gold sind hier unten nicht zu erwarten. Die Schiffer waren arme Leute.“

Vereinskameradin Daniela Greinert, Archäologin und Forschungstaucherin, dokumentiert derweil die Ergebnisse und zeichnet alle aufgefundenen Wracks maßstabsgerecht nacht. Marian Querner von „Kaffenkahn“-Verein hat einen der Segler als Holzmodell nachgebaut. „Wir träumen aber von mehr, wollen ein Kaffenkahn-Museum, um an ein Stück Brandenburger Industriegeschichte zu erinnern“, so Querner. Dann zeigt er einen Schatz des Vereins: Einen Ziegelstein mit dem Prägestempel der Königlich-Preußischen Manufaktur Joachimsthal (Barnim).



Lange Spitze zur besseren Orientierung

  • Kaffenkähne wurden rund 1000 Jahre nahezu unverändert gebaut und bis um 1880 genutzt. Die Bezeichnung „Kaffe" ist auf die Form von Bug und Heck zurückzuführen. Dabei handelt es sich um lange Spitzen, die dem Schiffer die Orientierung erleichterten.
  • Die 30-Meter-Segler hatten eine hohe Ladekapazität von bis zu 50 Tonnen, weshalb die Bordwände oft nur wenige Zentimeter über dem Wasserspiegel lagen.
  • Die zentrale Lage des Werbellinsees und die im 19. Jahrhundert erbauten Ziegeleien und Papiermühlen trugen dazu bei, dass beladene Kaffenkähne häufig vor allem in Richtung Berlin unterwegs waren.
  • Starker Wind und hoher Wellengang führten oft zum Kentern der Lastensegler. Durch Fehlverhalten und Unwissenheit von Hobbytauchern ist den Wracks laut Landesdenkmalamt mittlerweile erheblicher Schaden zugefügt worden.
  • Der Nachbau eines Kaffenkahns ist in Fürstenberg (Oberhavel) zu bewundern.

(Von Jens Rümmler)

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