Der folgende Artikel wurde als Sicherungskopie gespeichert. Quelle: Gemeinsam für den Werbellinsee - Artikel in der MOZ 28.4.2010
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Gemeinsam für den Werbellinsee

Alterhof ArrayDer Werbellinsee ist als touristisches Schwergewicht des Barnims zu wenig bekannt - seine Nutzung beschränkt sich zu sehr auf den Wassertourismus. Besonders das ungehemmte Wachstum bei der Zahl der Motorboote führt mittlerweile zu größeren Konflikten. Das sind nur einige Erkenntnisse der Werbellinseekonferenz, die jetzt in Alterhof stattfand. Der Kreis will nun für 100 000 Euro einen Grünordnungsplan in Auftrag geben.

Touristischer Magnet Werbellinsee: Der bis zu 60 Meter tiefe See geh÷rt zu den klarsten Gewõssern in Brandenburg und genie¯t auch bei Berlinern einen guten Ruf. Allerdings gibt es zunehmend Warnungen, den See nicht zu ³berfordern. ©

Es war Wahlkampfzeit, als Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD) jüngst "zentrale Steuerung" forderte. Dieser Hinweis ging an den Kreis und bezog sich auf den Werbellinsee. Dort könnte die Entwicklung rasanter verlaufen, wenn es denn gelingen würde, Interessen zu bündeln und die Anlieger vor einen Karren zu bekommen. Gestern platzierte Wirtschaftsdezernent Carsten Bockhardt (CDU) eine Antwort. "Ich sehe das etwas anders. Nur wenn die Entwicklung von den Gemeinden getragen wird, die Initiativen von unten kommen, haben diese Bemühungen einen Zweck", so Bockhardt. Zumal die Kommunen die Planungshoheit besitzen, was Dellmann als Verkehrsminister vermutlich weiß.

Gleichzeitig zeigte sich Bockhardt aber bereit, aus dem Kreisetat 2009 die Summe von 100 000 Euro abzuzweigen, um einen Grünordnungsplan erstellen zu lassen. Der besitzt die Kraft einer Bauleitplanung, kostet aber erheblich weniger. Zwei Voraussetzungen gibt es für die Finanzspritze: "Wenn der Etat 2009 bestätigt wurde und der Wirtschaftsausschuss zustimmt."

Klar sei aber auch: Ohne eine inhaltliche Anleitung wird es nicht gehen. Diese forderte Bockhardt, aber auch der Barnimer Regionalmanager Helmut Knieper, der die Konferenz moderierte. Am Ende der Tagung waren die Zugpferde gefunden. "Der Amtsdirektor von Joachimsthal und der Schorfheider Bürgermeister werden die Interessen der Region bündeln und vorantreiben", informierte Rüdiger Thunemann als Sprecher der Lokalen Arbeitsgemeinschaft (LAG). Somit bedürfe es keiner neuen Organisationsformen.

Zudem formulierten alle Beteiligten den Willen, künftig gemeinsam zu agieren. Dazu gehört beispielsweise die Verständigung auf wichtige Vorhaben wie den Radweg von Altenhof über das Gelände der Europäischen Jugend- und Begegnungsstätte (EJB) nach Joachimsthal.

In den Redebeiträgen der Konferenz wurde schnell deutlich, welche Probleme sich innerhalb der letzten Jahre aufgestaut haben. Dirk Protzmann, Amtsdirektor des Amtes Joachimsthal (Schorfheide), redete Klartext. "Dem See droht der Kollaps", so seine Einleitung. Jahr für Jahr verschlimmere sich die Situation, unbedingt sei eine gemeinsame Planung nötig. Protzmann stellte den Status des Sees als Bundeswasserstraße infrage, "dann sind bestimmte Dinge nicht möglich", sagte er. Sein Urteil über den Zustand des Sees glich einem Alarmsignal: "Noch nie trieben so viele Toilettenrollen auf dem See, wie in dieser Saison." Er fordert die Verplombung von Fäkalbehältern auf Hausbooten und großen Schiffen, die Beseitigung wilder Bojen und die Müllberäumung insgesamt.

 

Zudem stellte er die von manchen nicht gern gehörte Frage nach dem Nutzen der vielen Bootsanlegestellen. "Steganlagen bringen Geld, ohne Frage. Aber wenn man sich fragt, wer in der Region Geld lässt, Restaurant, Pensionen und Hotels nutzt, dann sind das meist Radfahrer, Wanderer und Paddler."

Der Schorfheider Bürgermeister Uwe Schoknecht brachte ebenfalls eine fundierte Analyse zur Konferenz mit. Er erinnerte an den missglückten Start des Zweckverbandes Werbellinsee-Grimnitzsee. Die erhebliche Schuldenlast von einer Million Euro tragen Joachimsthal und die Gemeinde Schorfheide noch heute ab. "Anders als die Gemeinden des Amtes Oderberg können wir nicht auf einen Ausgleich durch den Landkreis hoffen, dabei wäre es nur recht und billig", so Schoknecht. Vertan wurden auch die Chancen der 90-er Jahre, als Investoren wie Steigenberger oder Mövenpick in Altenhof Schlange standen.

Schoknecht forderte aktuell ein Informationsleitsystem auf dem Werbellinsee, das ab der Schleuse Eichhorst die Gäste lenkt. Hinweise für Wassertankstellen, Wartungseinrichtungen, Ankerplätze oder Steganlagen seien nötig, um an den Standard anderer Regionen anzuschließen. Dem ebenfalls geforderten Außenmarketing der "Marke Werbellinsee" will sich die kreisliche Wirtschaftsförderung (WITO) ab 2009 verstärkt widmen.

Bürgermeister Schoknecht plädierte für eine Verbindung zum Geopark und benannte weitere Probleme: Dazu gehöre der Umgang mit der Investruine auf dem Areal Hubertusstock, die Kontrolle des Investors der EJB, der mit dem Kaufvertrag Pflichten eingegangen ist. Er forderte freie Fahrt für das Projekt Wasserwelten, das vom Investor abermals reduziert wurde und jetzt einen Spa-Bereich bekommen soll.

Die Leiterin des Biospärenreservates Schorfheide-Chorin, Constanze Knape, vermittelte in ihrer Rede den Eindruck, sich gemeinsam mit den Akteuren der Region auf die Suche nach Lösungen begeben zu wollen. Auch sie benannte Nutzungskonflikte und Entwicklungsziele. So sei es Ziel eines neuen Rahmenplans, Nutzungsarten wie Angeln, Surfen oder Tauchen zu entflechten und auf bestimmte Zonen zu begrenzen. Rückzugsgebiete für Fische und Vögel müssten gesichert werden, ebenso Uferzonen und die Lebensräume von Ottern und Bibern.

Fraglich sei auch, ob der Werbellinsee eine Bundeswasserstraße bleiben müsse. Der Motorbootverkehr belaste laut Knape Natur und Mensch. Sie plädierte für den Erhalt der Klarwasserseen, der Landschaftsqualität und der guten Erreichbarkeit.

Danko Jur sprach als Mitarbeiter der Marina Werbellinsee die Ausbaupläne seines Arbeitgebers an. Erlebnisgastronomie und ein Pensionsbetrieb sollen innerhalb von zwei Jahre entstehen, auch ein Wassersportzentrum für Ruder-, Tret- und Paddelboote.

 

Er stellte neue Arbeitsplätze in Aussicht. Zumindest für die Förderung des touristischen Zentrums "Marina Werbellinsee" sprach sich gestern die LAG aus. Auch die Steganlage Altenhof soll nun eine Förderung der Leader-Region erhalten.